Gegen die Schlussstrich-Mentalität

28. Apr 2025

„80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges einen Schlussstrich unter die Vergangenheit des Nationalsozialismus ziehen“ - dieser Aussage stimmen im Januar 2025 55% der Befragten im Auftrag von ZEIT online voll oder eher zu. Drei Zehntklässlerinnen des Hariolf-Gymnasiums gehören sicher nicht zu diesen 55%.

Annika, Hannah und Mina haben sich sofort bereit erklärt, bei dem vom Ellwanger Friedensforum organisierten Gedenken an den Hessentaler Todesmarsch vor 80 Jahren tatkräftig mitzuwirken. Gemeinsam mit den Lehrerinnen Nina Humpf und Ann-Sophie Werner haben sie sich im Vorfeld mit Peter Maile vom Friedensforum Ellwangen getroffen, der ihnen viele Informationen und Materialien zu den Todesmärschen zusammengestellt hatte. So erfuhren die Schülerinnen, dass am 7. April 1945 Häftlinge aus dem Konzentrationslager Hessental unter SS-Bewachung zu einem tatsächlichen Marsch in den Tod über Rosenberg, Ellwangen, Zöbingen bis zum KZ in Dachau gezwungen wurden. Im Neunheimer Steinbruch nämlich ermordete die SS 23 Häftlinge und verscharrte sie dort anschließend notdürftig.

Ein Zeitzeugengespräch mit einem damals sechsjährigen Augenzeugen des Häftlingszugs durch Dalkingen erweiterte die Perspektive der Schülerinnen und ihnen wurde bewusst, dass sich die Bilder der halb verhungerten und um Brot flehenden Häftlinge des Todesmarsches auch bei vielen Zeitzeugen in das Gedächtnis eingebrannt haben.

Die Gedenkveranstaltung am 09. April 2025 war ein würdiges Gedenken an das unermessliche Leid, welches wenige Wochen vor Kriegsende auch hier in unserer Region stattfand.

Peter Maile vom Friedensforum Ellwangen ging in seinen einleitenden Worten auf die grausamen Geschehnisse ein: „Es spielten sich auf dem Weg, den die Häftlinge nahmen, schreckliche Szenen ab. Die Menschen wurden gedemütigt, geprügelt und erschossen“.

Weitere Details des Todesmarsches erläuterte Folker Förtsch von der KZ-Gedenkstätte Hessental und fasste das Wesen des Nationalsozialismus mit drei Worten zusammen: „Diktatur, Rassismus und Krieg.“ Er hob auch vor allem die besondere Bedeutung von Erinnerungsorten wie auch den Neunheimer Steinbruch hervor, die noch stärker ins regionale Bewusstsein gerückt werden müssten, damit die schweren Unrechtstaten der NS-Zeit im kollektiven Gedächtnis bleiben.

Die drei HG-Schülerinnen verdeutlichten anschließend in ihrem Beitrag eindrücklich, dass sich die Geschehnisse des Todesmarsches eben nicht im fernen Berlin, sondern hier vor unserer Haustür abgespielt haben.

Annika zitierte hierfür aus Erinnerungen von Häftlingen, die den Todesmarsch überlebt haben. Mina thematisierte den Blick von zeitgenössischen Beobachtern auf die Geschehnisse im Neunheimer Steinbruch und Hannah setzte sich mit der Erinnerungskultur heute auseinander.

Begleitet vom eindrucksvollen Geigenspiel Gina Principis wurden für jedes der im Steinbruch verscharrten Opfer eine Rose und eine Kerze abgelegt.

Musikalisch begleitet wurde die Gedenkfeier von der Schulbänd (Laura Beck, Lennart Frei, Mathis Geist) unter der Leitung von Uli Brauchle.

Der Appell aller Beteiligten war eindeutig: Nicht eine Schlussstrichmentalität ist der richtige Weg, sondern Verantwortung zu übernehmen und aus der Geschichte zu lernen.

Datenschutzhinweis

Diese Webseite nutzt externe Komponenten, wie z.B. Google Analytics welche dazu genutzt werden können, Daten über Ihr Verhalten zu sammeln. Datenschutzinformationen